„I am asking you to live in the presence of reality, an invigorating life.“
– Virginia Woolf

Die Fragen beantwortet hat diesmal Aline Oloff.

1)     Worum geht es im Schwerpunktthema des neuen Heftes?

Die Beiträge zum Schwerpunkt des neuen Heftes beschreiben und analysieren die sich gegenwärtig vollziehende Normalisierung neoreaktionärer Politiken – so auch der Titel des Heftes. Sie untersuchen, wie rechte Diskurse funktionieren und welche Bedeutung dem Rekurs auf traditionelle Geschlechterrollen und Familienverhältnisse darin zukommt.

2)     Worauf können sich die Leser*innen besonders freuen?

Angesichts der beklemmenden Darstellungen rechter Rhetorik und antidemokratischer Agenden wird das neue Heft der feministischen Studien kaum ›Freude‹ machen. Es vermittelt allerdings interessante Einblicke in bislang wenig beachtete soziale Kontexte wie beispielsweise die sogenannte Pick Up Artists-Szene, in der sich vor allem junge Männer radikalisieren, oder das intellektuelle Zentrum der neuen Rechten rund um die Zeitschrift Sezession und den Antaois Verlag. Wie sich die Indienstnahme des ›Volkes‹ in verschiedenen europäischen Kontexten darstellt, ist ebenso Thema wie mögliche Gegenreden zur rechtspopulistischen Deutung des ›Volkes‹ über Ausgrenzung und moralische Überhöhung.

Interessant sind aber auch die Beiträge, die auf einer eher konzeptionellen Ebene danach fragen, wie der gegenwärtigen Entwicklung analytisch und damit möglicherweise auch politisch zu begegnen ist. So wird das Prinzip der Meinungsfreiheit diskutiert, nach der Reichweite des Begriffes der ›neoreaktionären Politiken‹ gefragt und das bislang zur Verfügung stehende analytische Vokabular wie ›Homonationalismus‹ oder ›Anti-Genderismus‹ auf seine analytische Schärfe hin überprüft.

Freuen können sich die Leser*innen auf den Beitrag in der Rubrik Bilder und Zeichen und die Arbeiten der afrobritischen Künster*in Lubaina Himid – eine ihrer Arbeiten ist schon auf dem Cover des Heftes zu finden. Auch auf den Beitrag von Christina Thürmer-Rohr zu Emanzpation in Außer der Reihe und nicht zuletzt auf Im Gespräch. Alle Beiträge in diesen Rubrik funktionieren in der einen oder anderen Weise als Gegengewichte zur mehrheitlich düsteren Gegenwartsdiagnose des Schwerpunktes.

3)     Eine Besonderheit der feministischen studien ist die Rubrik »Im Gespräch«. Mit wem wurde diesmal über welches Thema gesprochen?

Das neue Heft dokumentiert ein mehrstündiges Gespräch zwischen der Gegenwartsautorin Gila Lustiger und der Philosophin Judith Butler, das Sabine Hark und Sahra Dornick geführt haben. In dem Gespräch geht es u.a. um die Kraft literarischer Imagination, die Frage, wie über Armut zu schreiben wäre, welche Bedeutung der Idee einer Ethik der Postsouveränität im literarischen Schreiben zukommt.

4)     Und welche Künstler*in/nen wird bzw. werden in der Rubrik »Bilder und Zeichen« vorgestellt?

Wir freuen uns sehr, ausgewählte Arbeiten der Künstler*in Lubaina Himid vorstellen und damit das umfangreiche und beeindruckende Werk einer der zentralen Figuren des Black Art Movements und Turner Prize Träger*in des Jahres 2017 würdigen zu können.

5)     Welchen Text würden Sie persönlich als ersten lesen?

Ich würde mit den, zum Teil auf sehr persönlichen Erfahrungen gründenden, Überlegungen zum Begriff der Befreiung von Christina Thürmer-Rohr beginnen.